Für diese Frau zählt nur die Zehn

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Geschrieben von: Bernd Baur   
Mittwoch, 25. September 2019

               

Zurzeit trifft Bianca Vogelmann mit einer beachtlichen Konstanz ins Schwarze. Die 45-Jährige aus Schwendi hat sich seit längerem dem Schießsport verschrieben und ist zuletzt in der Kategorie Damen 2 Württembergische Meisterin mit dem Luftgewehr geworden. Für ihren Heimatverein Gebrazhofen kämpft sie mit der Mannschaft um Punkte in der Württembergliga. Am morgigen Samstag bringt die Hobbysportlerin ihr Luftgewehr am Schießstand des Olympiaschießzentrums in München in Anschlag. Vielleicht kann Bianca Vogelmann bei den dort stattfindenden Deutschen Meisterschaften den nächsten Volltreffer landen.

Rückblende: Ein Marktfest in Gebrazhofen, einem Stadtteil der Großen Kreisstadt Leutkirch. Vor 26 Jahren genossen auch Bianca Vogelmann und ihre Schwester Carmen das Marktgeschehen. Beim Schützenverein Gebrazhofen konnte man Probeschießen mit dem Luftgewehr. „Wir haben dies ausprobiert und gleich gut getroffen“, erinnert sich Bianca Vogelmann. Dann war schnell der Entschluss gefasst, den Schießsport regelmäßig zu betreiben. 19 Jahre alt war sie damals. Dass sie da erst intensiv in Berührung mit dem Schießsport kam, wundert sie auch noch ein bisschen. Zumal das Hobby Schießen in ihrer Familie durchaus Bedeutung hatte. Ihr Vater Alfons Kraft ist schon immer begeisterter Schütze, Onkel Herbert Kraft war seinerzeit sogar Vorsitzender des Schützenvereines Gebrazhofen.

Seit 26 Jahren schießt sie nun mit dem Luftgewehr, immer für den SV Gebrazhofen. Relativ schnell mit dem Training der ersten Jahre habe sie gute Ergebnisse erzielt. Mit der Mannschaft des SV Gebrazhofen erlebte Bianca Vogelmann einen Aufstieg nach dem anderen. Bis in hohe Ligen. In der im Oktober beginnenden neuen Runde schießt das Team in der Württembergliga, der dritthöchsten Klasse überhaupt im deutschen Sportschießen. „Gebrazhofen als kleiner Verein ist hier ein Exot.“ Doch besonders im Moment ist die Sportschützin guter Dinge, was die Bewältigung der kommenden sportlichen Herausforderungen angeht. „Ich bin gut drauf“, sagt sie voller Optimismus. Zwar sei das Ergebnis eines Schieß-Wettkampfes abhängig von der Tagesform, „doch im Moment treffe ich gut für den Aufwand an Training, den ich betreibe“. So gut, dass sich Bianca Vogelmann beim letzten Training sogar über eine Neun aufgeregt hat. „Bei uns zählt nur die Zehn.“ Nur einmal im Monat trainiert Bianca Vogelmann mit dem Luftgewehr. Dazu fährt sie nach Berg bei Ravensburg, wo sie von ihrem Trainer Uli Müller Tipps bekommt. Mehr Zeit kann Bianca Vogelmann, im Hauptberuf Lehrerin in Ehingen, für ihr Hobby kaum aufwenden. Seit 14 Jahren wohnt sie mit ihrer Familie in Schwendi, engagierte sich dabei zwölf Jahre lang als Übungsleiterin bei den Turnern und ist seit 2013 Leiterin der Turnabteilung der Sportfreunde Schwendi.

Aber der Reiz, „mit dem Luftgewehr bei voller Konzentration den kleinen schwarzen Punkt zu treffen“, lässt sie am Hobby Schießen festhalten – zumal sie erfolgreich ist. Vor allem im Jahr 2019. Beim Wettkampf in Wangen wurde sie Kreismeisterin (395 Ringe), danach schoss sie sich in Laupheim zur Bezirksmeisterin (391 Ringe). Und der jüngste Erfolg unlängst war für sie als Einzelstarterin der bisher größte. Bei den Württembergischen Meisterschaften in Ruit bei Stuttgart holte sich Bianca Vogelmann den Titel in der Kategorie Damen 2 (41 bis 50 Jahre alt). 40 Schuss auf zehn Meter Entfernung innerhalb von 50 Minuten: Bianca Vogelmann erzielte dabei 385 von 400 möglichen Ringen. „Das war wenig, aber an diesem Tag hat es für den Titel gereicht“, bilanziert sie. Geschafft hatte sie damit auch die Qualifikations-Norm (382 Ringe) für die Deutschen Meisterschaften, die ab morgen auf der Olympia-Schießanlage Hochbrück bei München ausgetragen werden. In der Kategorie Damen 2 muss sie sich mit 35 Konkurrentinnen aus ganz Deutschland messen. Aufmunternde Worte hat sie von ihrem Trainer Uli Müller mit auf den Weg bekommen. „Wenn du in München so schießt wie zuletzt im Training, bist du vorne mit dabei“, Sie sagt: „Dabei sein ist alles.“ Aber einen gewissen Ehrgeiz habe sie schon: „Ich muss mit mir nachher zufrieden sein.“

Erschienen am 23.08.2019 in der Schwäbischen Zeitung - Bernd Baur

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